
Drei Tage auf dem Heilbronner Weg, Allgäu
diese Variante hat 41 km | 2.800 hm | 4 Etappen
Etappen
Key Facts
Schwierigkeitsgrad | 4/5 |
Kulturgrad | 1/5 |
Naturgrad | 4/5 |
Beste Jahreszeit | Sommer |

alex-wandert-halt.de
Der Heilbronner Weg ist eine eindrucksvolle Tour in den Allgäuer Alpen. Sie erfordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, ist teilweise mit Seilen gesichert und gilt in den Sommermonaten als gut besucht. Die Rappenseehütte ist auf jeden Fall eine Übernachtung wert. Die Tour kann über mehrere zusätzliche Gipfel erweitert werden. In der verlinkten Komoot Collection bestiegen wir bspw. den Rappenseekopf (Etappe 1b).
Abenteuerberichte
gewandert von 05.08.-07.08.2021
Etappe 1: Von Birgsau zur Rappenseehütte
Die erste Etappe des Heilbronner Wegs führt von Birgsau zur Rappenseehütte und bietet ein atemberaubendes Erlebnis. Auf 8 Kilometern mit 1.200 Höhenmetern steigst du über Einödsbach und die Enzianhütte durch Wälder, blühende Bergwiesen und steilere Serpentinen. Höhepunkt ist die Rappenseehütte auf 2.091 Metern, die mit einem grandiosen Blick auf den glitzernden Rappensee und umliegende Gipfel belohnt. Sie wurde 1885 erbaut und gilt als eine der größten DAV-Hütten. Ein perfekter Einstieg in das Allgäuwochenende.
Damit wir die Tour um 9 Uhr in Oberstdorf starten konnten, fuhren wir um 6:00 Uhr morgens mit dem Auto aus Stuttgart los. Der Plan war, das Auto für drei Tage am Nordic Zentrum Oberstdorf zu parken. Überraschenderweise betrugen die Parkkosten 24 Euro, welche ausschließlich via Kleingeld zahlbar waren. Deshalb mussten wir nochmals einen Abstecher nach Oberstdorf zum Geldholen machen, wobei uns erst die zweite Bank behilflich sein konnte. Diese anfängliche Herausforderung schien wohl mehrere Wanderer zu betreffen. Ich hoffe, der Parkautomat ist nun auch digital bedienbar. Nach der 30-minütigen Suche nach Münzgeld, stiegen wir noch schnell in den menschenleeren Bus, um zwei Stationen weiter zum Startpunkt der Tour zu gelangen – Birgsau.
Das Wander-Warm-Up begann auf einer Schotterstraße im Regen, entwickelte sich schon bald zum einfachen Wanderpfad, führte durch Wälder und Wiesen, bis dann die erste wandertechnische Herausforderung wetterbedingt vor uns auftauchte: Der Sprung über einen, den Weg querenden Bachlauf, der vermutlich bei trockenem Wetter ganz einfach gewesen wäre, uns jedoch zur Entscheidung “Weitsprung oder nasse Schuhe” zwang. Wir entschieden uns für Weitsprung und wurden für den abenteuerlichen Mut belohnt – dachte ich zumindest. Bei fortan strömendem Regen mit kurzer Hose hätte ich genauso gut durchs Wasser waten können..
Unvorbereitet wie wir waren, sahen wir plötzlich die Enzian Hütte vor uns liegen. Sie gilt als Europas höchstgelegenste Brauerei. Auf Marc’s (Wanderkumpane) Vorschlag, dass wir uns dieses Bier um 12 Uhr mittags nicht entgehen lassen durften, konnte ich kein Gegenargument finden.
Erfrischt ging es dann zum anstrengenden Aufstieg auf das Plateau der Rappenseehütte. Meiner Meinung nach die am schönsten gelegene Hütte im Allgäu. Sie liegt auf einem unberührten, grünen Plateau direkt am Rappensee. Über ihr thront der Rappenseekopf auf der einen Seite, auf der anderen Seite der alpine Startpunkt der zweiten Etappe des Heilbronner Weges.









Nach dem Check-In an der Hütte haben wir uns vom Rucksackgewicht verabschiedet, uns angesehen, den Rappenseekopf vor uns betrachtet und den kommentarlosen Konsens zur Besteigung des Rappenseekopfes getroffen. Dieser Übermut brachte mir das erste Geschmäckle des alpinen Heilbronner Weges ein – wir sind etwas steiler ins Klettern gekommen als erwartet. Wobei sich der Blick vom Gipfelkreuz hinunter zur Rappenseehütte allemal gelohnt hat, nicht nur, weil mir hier das erste Murmeltier begegnet ist, sondern weil das Auge nicht von der Rappenseehütte, liegend auf einer saftig grünen Alm an einem einsamen kleinen See, wegkommt. Sie erscheint wie das Tor zum alpinen Raum.
Nach unserem zweistündigen Extra-Ausflug mit zusätzlichen 400 Höhenmetern kamen wir erschöpft, aber glücklich an der Hütte an.
Auf der Hütte gibt es dann Chipmarken zum kurzen Duschen. Hier die Empfehlung diese zu nutzen, da eine Dusche am Ziel der nächsten Etappe ausfallen wird.
Zur Zimmerwahl standen das Mehrbettzimmer oder das Matrazenlager. Trotz unserer Buchung des Mehrbettzimmers blieben wir für diese Nacht allein im Zimmer – muss wohl am verregneten Wetter gelegen haben. Da in den alten Holzhütten dennoch jeder Schritt lautmalerisch hörbar ist, sind Oropax wärmstens zu empfehlen.
Etappe 2: Von der Rappenseehütte zur Kemptner Hütte
Die zweite Etappe des Heilbronner Wegs führt von der Rappenseehütte zur Kemptner Hütte. Der Weg verläuft über alpine Pfade und umfasst markante Stationen, wie den Steinschartenkopf und den Bockkarkopf mit Kletterstellen. Highlights sind beeindruckende Bergpanoramen und teils ausgesetzte Passagen, die Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordern. Der Weg ist ideal für erfahrene Bergwanderer und erfordert gute Kondition.
Mit lediglich 9,5 km Strecke, jedoch ca. 670 Höhenmetern bergauf und 916 Höhenmetern bergab zieht sich die Tour dennoch, besonders aufgrund des alpinen Geländes. Deshalb sollte man bereits am frühen Morgen starten.
Die 1891 erbaute Kemptner Hütte sollte frühzeitig gebucht werden, da sie auch als Ziel der ersten Etappe des E5 (Oberstdorf-Meran) dient.
Um 7 Uhr ging es los zur zweiten Etappe des Heilbronner Weges, welche gleichsam die herausfordernste und gefährlichste der drei Etappen werden sollte – nicht nur wegen des vorhergesagten schlechten Wetters. Wind und Regen zum Trotz, starteten wir hochmotiviert.
Der erste Aufstieg auf der Ostwand des hohen Lichts war steil und kletterreich, weshalb wir uns dazu entschieden, aufgrund der Nässe und der kalten Hände, nicht noch diesen extra Gipfel (auf 2.651 m) zu gehen. Langweilig sollte diese Tour keinesfalls werden. Nachdem wir – meiner Ansicht nach – den gefährlichsten Teil schafften, nämlich entlang der Felswand durchs Thörle bis zum Steinschartenkopf, kamen wir am fotografischen Wahrzeichen des Heilbronner Weges an, der horizontalen Leiterbrücke. In vollem Nebel eingehüllt konnten wir keine zwei Meter tief und weit sehen, was uns wenigstens nicht in Schwindelgefahr brachte. Diese Aussicht blieb uns deshalb aber leider auch vergönnt.. Anders bei der nächsten Challenge – der Besteigung des Bockkarkopf auf 2.609m Höhe. Hier kommt man in die „Kraxelei”, was aber mit einer gewissen Grifffestigkeit ohne Probleme zu bewältigen war. Nach der anschließenden Überschreitung eines Schneefeldes sahen wir die Mädelegabel (2.644m) vor uns. Mal wieder ein „Zusatzgipfel”, den wir erklimmen wollten. Allerdings entschieden wir uns dazu, auf halbem Wege abzubrechen. Die Faktoren Wetter, Kälte, Schwierigkeit der Kletterei und unsere bisherige Unerfahrenheit brachten uns nach kurzer Überlegung zu diesem Entschluss, auf den ich bis heute noch Stolz bin. In diesem Moment lernten wir unsere Grenzen neu kennen und auf unseren Verstand, statt auf den Übermut zu hören.
Keinesfalls geknickt ging es für uns weiter an der Wand des Kratzers (2.427 m). Da hier plötzlich die Sonne rauskam und wir von Murmeltieren und Gämsen überrascht wurden, stieg die Wandermotivation rapide an. Zu meinem ersten Sturz in den Alpen kam es dann tatsächlich am Abstieg zur Kemptner Hütte durch ein Geröllfeld. Es ist nicht mehr passiert als ein paar Kratzer (am „Kratzer“ *lach*). Meine zweite Lessons Learned war dann aber trotzdem: Die Tour ist erst zu Ende, wenn du die Schuhe ausziehen kannst, andernfalls rächt sich der Berg für deine Leichtsinnigkeit.
Da wir bereits um 16 Uhr an der Hütte ankamen, entschieden wir uns, ein erfrischendes Kalt-Getränk auf dem Sonnendeck zu genießen, eintreffende Wandergruppen (inkl. Helikopter mit Gepäck…) zu beobachten und aufs Abendessen zu warten. Zwei Ulmer (Vater und Sohn) haben sich dann am Esstisch zu uns gesellt. Den Austausch zu vergangenen Touren, zukünftigen Vorhaben und den ein oder anderen Schnaps werde ich nicht vergessen. So ließ es sich auch einfacher in der überfüllten, lauten und schwitzenden Hütte übernachten (hier gab es keine Duschen).













Etappe 3: Von der Kemptner Hütte nach Oberstdorf
Die dritte Etappe führt normalerweise direkt bergab nach Spielmannsau. Wir wollten jedoch die Chance auf tolle Ausblicke und ein Bergpanorama nutzen und sind deshalb über den sogenannten „Bettlerrücken“ (Kreuzeck) zum Dietersbachtal abgestiegen und in der Alpe Dietersbach eingekehrt. Zu den Highlights gehören spektakuläre Panoramen vom Rauheck und die Aussicht auf die Wildspitze, der idyllische Blick auf den Eissee sowie der Aufstieg zum Älpelesattel mit faszinierendem Bergblick. Der Abstieg führt durch das historische Dorf Gerstruben und das malerische Rappenalptal. Insgesamt bietet die Tour atemberaubende Naturerlebnisse in den Allgäuer Alpen.





Wer genug Zeit mitbringt, dem empfehle ich unsere umgeplante Route nach Oberstdorf. Wir entschieden uns auf der Höhe zu bleiben und über einen Gratweg zum Gipfel Rauheck zu wandern. Auf halbem Weg wurden wir von einer wilden Herde Gemse und Böcke überrascht. So etwas habe ich noch nie erlebt. Wir waren so nah dran und haben miterlebt, wie sie uns witterten, die Herde warnten, uns beobachteten, aber dennoch in Ruhe ließen. Einzigartig!
Den Panorama Gratweg zu beschreiben ist unmöglich, ich stelle hier einfach Bilder rein. Ich wollte am liebsten stundenlang dort bleiben.
Einen spannenden Moment habe ich noch auf dem Gipfel aufgenommen, als wir im Sonnenschein ankamen und innerhalb von Sekunden in einer scheinbar undurchdringlichen Nebelwand hingen.
Unten im Tal besuchten wir noch die wunderschön gelegene Alpe Dietersbach. Acht weitere, sanfte Kilometer hinunter bis nach Oberstdorf führten uns dann wieder zum Ausgangspunkt unserer Reise – dem only-cash-Parkplatz.
5 Fragen
Warum habe ich diese Tour gewählt?
Du bist aus Deutschland, möchtest eine alpine, mehrtägige Tour machen, Hütten kennenlernen, jedoch nicht zu weit in den Süden fahren? Du bist sehr sportlich und schwindelfrei? Deshalb habe ich diese Tour gewählt!
Welcher Moment bleibt mir in Erinnerung?
Zwei Momente:
- Der Moment, als wir den letzten Höhenmeter auf das Plateau der Rappenseehütte erklommen haben. Diese Hütte, inmitten der Berge, friedlich an einem See liegend, wobei geahnt werden kann, wohin die alpinen Wege hinter der Hütte führen.. Und trotzdem ist man sich bei diesem Schritt aufs Plateau gewiss, heute ein warmes Bett und leckeres Hüttenessen genießen zu können.
- Nachdem wir uns entschieden haben, nicht den direkten Weg bergab von der Kemptner Hütte, sondern einen Grat Richtung Wildspitze zu gehen, tauchte plötzlich eine ganze Herde von Gamsen und Geißböcke vor uns auf.Wir sind förmlich an der Herde vorbei geschlichen, da wir bereits die Aufmerksamkeit der männlichen Tiere auf uns lenkten. Zudem hatte man einfach einen mega Ausblick!
Was hat mir nicht gefallen?
Die Kemptner Hütte ist an sich eine wunderschöne Hütte, allerdings aufgrund der Kreuzung zum E5 total überfüllt. Die mit Gepäcktransport ausgestatteten Wandergruppen erhalten teilweise Vorrang vor Einzelbuchern.
Hatte ich Angst und wobei?
Ich denke aufgrund des Wetters und unserer damaligen Unerfahrenheit sind wir in 2-3 brenzlige Situationen, v.a. in Etappe 2, gekommen. Da wir kein unnötiges Risiko eingehen wollten, haben wir sogar die Besteigung der Mädelegabel abgebrochen. Ich sehe das noch heute als richtige Entscheidung an.
Wie war ich ausgerüstet? War etwas überflüssig?
Dies war unsere erste Mehrtagestour. Ich war bis dato nur mit einem einfachen Tagesrucksack ausgerüstet. Dieser war viel zu voll und zu schwer. Heute würde ich meinen größeren Mehrtagesrucksack wählen, weil er mehr Platz bietet und dann besser am Rücken anliegt.
Gute Wanderstiefel sind auf dieser Tour Pflicht. Wir haben den Weg komplett ohne Kletterausrüstung begangen, uns sind aber auch Mitwanderer mit Klettersteigset begegnet. Ergibt an 1-2 Stellen auf jeden Fall Sinn, bringt aber natürlich zusätzliches Gewicht mit.
Ansonsten ist regenfeste Kleidung wichtig. Wir sind im August in Schlechtwetter gekommen. Die Tour sollte nicht bei Gewitter begangen werden, da sie meist alpin ungeschützt vor Wind und Wetter verläuft.
Gesehene Tierle:
- Murmeltiere
- Gämse
- Geisbock