
Kleinwalsertaler Hüttenrunde in 3 Tagen
3 Etappen | 39km | 1.800 hm
gewandert von 09.06.24 – 11.06.2024

Wegcharakter
Diese Mehrtagestour bietet sich perfekt für ein sportliches und herausforderndes Wanderwochenende an. Dass sie sich bei uns in so ein wetterbedingtes Abenteuer verwandelt, möchte ich natürlich Niemandem hoffen. Alpine Wanderwege auf Etappe 1, einfache Wanderwege auf Etappe 2 und teils Waldwurzelweg und Schotterstraßen auf Etappe 3. Bei gutem Wetter würde ich aber unbedingt den Weg über den hohen Ifen empfehlen. Ansonsten ist diese Tour perfekt mit Einkehrinfrastruktur ausgestattet, bietet dennoch ein wunderbares alpines Naturerlebnis.
Key Facts
Schwierigkeitsgrad | 4/5 |
Kulturgrad | 2/5 |
Naturgrad | 4/5 |
Beste Jahreszeit | Sommer bis Herbst |
Startpunkt | Riezlern |
Anreise
Du fährst über die B198 und B201 bis Riezlern im Kleinwalsertal und folgst dann einfach der Beschilderung zur Kanzelwandbahn. Direkt an der Talstation findest du einen großen, kostenpflichtigen Parkplatz mit genügend Stellplätzen, perfekt für deinen Wandertag. Falls du lieber auf das Auto verzichten möchtest, kannst du auch bequem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, da die Talstation sehr gut angebunden ist.
Hütten
Widdersteinhütte
Die Widdersteinhütte, majestätisch am Fuße des Großen Widdersteins gelegen, ist ein echtes Kleinod für Bergfreunde und bietet einen atemberaubenden Panoramablick auf die umliegende Bergwelt. Sie ist nicht nur ein idealer Ausgangspunkt für anspruchsvolle Touren wie die Besteigung des Widdersteins, sondern auch ein gemütlicher Rastplatz mit traditioneller Alpenküche, der zum Verweilen einlädt. Nach einer anstrengenden Wanderung kannst du hier in uriger Atmosphäre neue Kräfte sammeln und die herzliche Gastfreundschaft der Hüttenwirte genießen, bevor du die nächste Etappe deiner Tour in Angriff nimmst. Wir waren tatsächlich die einzigen Gäste an unserem stürmischen Junitag.
Schwarzwasserhütte
Die Schwarzwasserhütte, eingebettet in eine idyllische Hochmoorlandschaft und umgeben von den beeindruckenden Gipfeln der Allgäuer Alpen, ist ein wahres Paradies für Naturliebhaber. Als Etappenziel oder Ausgangspunkt für Wanderungen bietet sie nicht nur gemütliche Übernachtungsmöglichkeiten, sondern auch eine Sonnenterrasse mit herrlichem Ausblick und bodenständiger Verpflegung. Hier kannst du die Ruhe der Berge genießen, seltene Pflanzen entdecken und dich nach einem Tag voller Abenteuer in der unberührten Natur wieder stärken. Die Hütte ist eine vom DAV (Sektion Schwaben) betriebene Hütte mit entsprechenden DAV-Preisen. Sie ist allerdings ab Ende 2025 in Sanierung und 2026 vermutlich nicht geöffnet.
Etappe 1: Von der Kanzelwand zur Widdersteinhütte
Diese Etappe geht bis dato in die für mich herausforderndste Wanderung meiner persönlichen Wandergeschichte ein. Sie zeigt mir auf, wie schwierig eine gute Planung bei unklaren Wetterbedingungen sein kann. Wie langsam man doch durch Schnee wandert und dass man nicht auf die höchsten Berggipfel kommen muss, um in wirklich brenzliche Situationen zu geraten. Mit 16km und 1.000 Höhenmetern war sie zwar sportlich, jedoch nicht zu lange.
An der Kanzelwandbahn geparkt, stehen wir nun am Schalter der Talstation. Das Auto bleibt 3 Tage unbewegt – im Gegensatz zu uns. Wir fahren auf die rund 2.000m hohe Bergstation, um unser Wochenendabenteuer zu beginnen. Spontan entscheiden wir uns kurz auf den Gipfel der Kanzelwand zu steigen, da dieser ohne große Mühen sowieso auf dem Weg liegt. Die weiteste Aussicht der Tour erreichen wir also schon nach wenigen Minuten. Wenige andere Wanderer begleiten uns hier noch auf dem Weg, wohingegen wir auf unserer restlichen Strecke mutterseelen allein bleiben werden. Wir biegen von der Kanzelwand jetzt links in Richtung Warmatsgundtal ab um dann den Weg hinauf zur Fidererpasshütte zu nehmen. Bereits zu Beginn kommen wir an kleinen Schneefeldern vorbei. Meine Grödel bringen mir hier leider gar nichts, weil der Schnee bereits so weich ist, dass ich mit den Spikes kaum Halt finde. Der steile Aufstieg (teilweise bis zu 50% Steigung) zur Fidererpasshütte bringt uns dann wirklich gut ins Schwitzen, weshalb wir eine kurze Trinkpause auf der Hütte nehmen. Von hier sehen wir den komplett verschneiten Weg zum Saubuckelkopf. Des Risikos bewusst wagen wir dennoch den Aufstieg, da bereits viele Fußspuren einen gut begehbaren Pfad für uns vorbereiteten.
Einen Moment nicht aufgepasst und den Stock falsch angesetzt, kracht es plötzlich hinter mir. Ein Wanderstock meines Mitwanderers ist in einer Felsspalte gebrochen. Von nun an geht er wohl nur noch mit einem Stock.
Es zieht so langsam zu. Auf dem Wetterbericht erwartet uns gegen 19 Uhr ein Unwetter. Wir planen natürlich bereits viel früher an der Widdersteinhütte zu sein. Da wir nun aber zunehmends durch tiefe Schneefelder stapfen, kommen wir langsamer voran als geplant. Die eigentlich wunderschöne Route entlang des Hangs des Rappenalptals können wir kaum genießen, da wir weder Sichtweite noch festen Untergrund haben. Keine Sicht beunruhigt uns nicht sonderlich, da wir per Navigation und Schilder recht gut auf dem Weg bleiben, aber es wird kälter und windiger.
Nach 5,5h erreichen wir die Mindelheimer Hütte. Viel Zeit für eine Pause bleibt nicht, dennoch müssen wir uns kurz aufwärmen, den Wasser- und Zuckerhaushalt auftanken und uns über unsere nächsten Schritte beraten. Denn das Wetter wird weiterhin zunehmend schlechter. Der Wirt der Mindelheimer Hütte erklärt uns, dass wir es normalerweise auch bei den aktuellen Schneebedingungen gut bis zur Widdersteinhütte schaffen sollten, allerdings könnte es knapp werden, da das Gewitter früher eintreffe als vorhergesagt.
Deshalb wandern wir nun schnellen Schrittes weiter vorbei am Wildengundkopf, am Geißhorn und hinauf zum Koblatpass. Dieser Abschnitt hat mir meinen Kräften wirklich einiges abverlangt. Wir sind nun 7,5h unterwegs und stapfen seit Stunden durch den Schnee bergauf. Zudem ist der steile Aufstieg im Schnee zum Pass auch technisch nun fordernd. Als wir die Südseite des Koblatpasses erreichen werden wir von der vollen Breitseite des zu früh eingetroffenen Unwetters erwischt.
Der Widderstein fühlt sich jetzt zum Greifen nah an, aber Weg hinunter wird gerade zum Faktor 100 schwerer zu laufen. Der kalte Wind bläst uns nun so stark entgegen, dass wir die Regencapes der Rucksäcke entfernen müssen, um nicht wie ein Windsurfer weggeweht zu werden. Lieber einen nassen Rucksack als Gleichgewichtsprobleme am Berg. Die eiskalten Regentropfen fühlen sich jetzt an wie Nadelstiche im Gesicht.
Einen Schreckensmoment überkam mich, als unser Vordermann uns im Rückwärtspurzelbaum entgegen kommen, weil er von einer der extremen Windböen erwischt wird und den Halt verliert. Glücklicherweise konnten wir ihn am Rucksack halten. Weil der Wind nun stark tobt und der Nebel dicht aufzieht, sehen und hören wir kaum noch etwas. Kommunikation ging nur noch mit Gestikulierungen. plötzlich holt mein Kumpel das Handy aus der Tasche und beginnt zu telefonieren. Wir wundern uns was jetzt so wichtig ist, bis er uns ins Ohr schreit, dass dies der Hüttenwirt der Widdersteinhütte war, und nachfragt, ob wir noch ankommen werden oder Hilfe benötigen.
Obwohl wir nur wenige hundert Meter von der Hütte entfernt sind, brauchen wir nochmals eine volle Stunde um im Gewitter voran zu kommen und die sichere Hütte zu erreichen.
Kaum überraschend sind wir die einzigen Hüttenbesucher auf der Hütte. Der Wirt ist erfreut über unser Erscheinen und wir über eine warme Stube und eine ruhige Nacht. Unsere Sachen sind jetzt komplett durchnässt. Da wir aber genug Platz auf der Hütte haben, können wir alles noch bis zum nächsten Morgen trocknen lassen.

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Der Juni 2024 im Allgäu

Die Schneefelder sind größer als erwartet. Achtung bitte nicht nachmachen. Feuchter Schnee kann gefährlich sein.

Das Gewitter kommt näher und wir sehen keine 5 Meter mehr.

Völlig durchnässt kommen wir auf der Widdersteinhütte an, sind aber die einzigen im Matratzenlager.
Etappe 2: Von der Widdersteinhütte zur Schwarzwasserhütte
Etappe zwei startet, wie soll es anders sein, im Regen. Zu warten scheint nichts zu bringen, also Regenjacken und Ausrüstung an und los in Richtung Widderstein. Während wir am Fuße des Widdersteins vorbei wandern, erzähle ich von meiner Besteigung des Berges im Jahr 2021 mit Marc.
Während wir das Bärgunttal absteigen schwelge ich trotz Regenwetters in den Erinnerungen an meine unzähligen Wanderungen an diesem Ort.
Unser Ziel ist schnellstmöglich das Tal zu durchschreiten, um in Baad einzukehren und eine Mittagspause zu machen. Das Wetter sollte am Nachmittag aufklaren und die Sonne hervorbringen.
Nach einem Kaffee im Kleinwalsertaler Dorf beginnen nun die 600 geplanten Höhenmeter zur Ochsenhofer Scharte. Die Variante entlang des Turabachs bin ich noch nie gewandert, gefällt mir aber ausgesprochen gut. Wir wandern entlang eines schönen Waldweges über viele Bachrinzel und steigen dann auf über den Starzelweg vorbei an der Stierhofalpe. Hier genießen wir den wunderbaren Ausblick über das Kleinwalsertal und hinüber zum Widderstein. Zur Schwarzwasserhütte ist es jetzt nicht mehr weit. Sobald wir die Scharte erreichen geht es noch einen Kilometer über einen mit Büschen bewachsenen Hangweg bergab.
Das Wetter schien zwar besser zu werden, allerdings sehen wir im Hintergrund unseren Etappenhöhepunkt des Folgetages: den hohen Ifen. „Nein Männer, da könnt ihr morgen noch nicht hoch“ beteuert uns der Hüttenwirt auf unsere Frage, ob der schneebedeckte Ifen bereits begehbar ist.
In der warmen Hüttenstube beenden wir den Wandertag bei einigen kalten Bier und leckerem Essen. Wie Maxi immer sagt gibt es hier den besten Kaiserschmarrn des Allgäus.

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Die Belohnung auf der Schwarzwasserhütte – Kaiserschmarrn

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Unser Morgen an der Widdersteinhütte

Am Turabach, Kleinwalsertal
Etappe 3: Von der Schwarzwasserhütte nach Riezlern
In meinen bisherigen Abenteuern habe ich viel gelernt. Die schwersten aber wichtigsten Entscheidungen sind die Planänderungen. Umzukehren oder einen andern Weg einzuschlagen, wenn der geplante Weg aus rationalen Gründen nicht der Richtige zu sein scheint fühlt sich im Moment der Entscheidung nicht unbedingt richtig an, ist jedoch wichtig und richtig.
Somit entscheiden wir uns nicht über den Hohen Ifen nach Riezlern abzusteigen, sondern durchs Tal entlang des Schwarzwassers zur Melköde und zum oberen Wäldele. Mit unserem gewohnt schnellen Wandertempo schaffen wir diese abgekürzte Etappe von 10km in 2h. Der einfache Weg führt anfangs entlang des Baches über Wurzeln durch den Wald, bis er dann zu einer Schotterstraße übergeht. Wir sind alle 4 gesund und munter nach Hause gekommen.
Etappe 1 wird mir auf jeden Fall immer in Erinnerung bleiben, Etappe 3 eher weniger.

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In Riezlern

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Unsere letzte Etappe starten wir erneut im Regen und entscheiden uns gegen den Aufstieg des hohen Ifens
Ausrüstung
Im Sommer bei gutem Wetter genügt hierfür gute und einfache Wanderausrüstung in Form von Wanderschuhen, einem guten Rucksack und Stöcken bei Bedarf. Da wir im Juni aber hunderte Meter über Schneefelder wandern mussten, waren die Stöcke viel relevanter als geplant. Außerdem habe ich hier wieder gelernt, wie schnell ein Gewitter unerwartet einbrechen kann und wie wichtig eine gute Regenausrüstung und warme Kleidung dann doch ist.
Verpflegung
Diese Tour führt regelmäßig an Hütten vorbei oder wie in Etappe 2 durch das Dorf Baad. Leichte Verpflegung sollte immer mitgenommen werden, warmes Essen wird aber im Sommer auf jeder Hütte angeboten.
5 Fragen
Warum habe ich diese Tour gewählt?
Mit zwei Übernachtungen und drei Etappen ist das die perfekte Tour fürs Wochenende. Zudem ist sie konditionell und technisch spannend. Diese Mischung haben wir für unsere Wandergruppe gesucht und gefunden.
Welcher Moment blieb mir in Erinnerung?
Als wir immer Gewitter wie gelähmt am Berg hingen, weil der Wind so stark war, wir nichts mehr hörten außer Böen und im Hintergrund das Gewitter drohte über uns einzubrechen. Ich hatte einfach nur gehofft, dass es noch nicht anfängt zu blitzen.
Was hat mir nicht gefallen?
Trotz leckerem Essen hatte ich eine schlechte Nacht auf der Schwarzwasserhütte. Ich glaube das hat an den engen Zimmern und der Matratze gelegen. Aber das soll keine Beschwerde darstellen.. 😀
Mit wem war ich unterwegs?
Mit 3 fitten Freunden, die immer mal wieder etwas zu schnell wandern möchten und ausgebremst werden müssen.
Würde ich diese Wanderung nochmal gehen?
Ja, diesmal aber dann mit dem Hohen Ifen.